„Die Temperatur im Kühlfahrzeug ist auf 10°C gestiegen!“ – In einem solchen Moment zeigt sich, ob Ihr Abweichungsmanagement nach GDP-Standard funktioniert. Die lückenlose Dokumentation solcher Vorfälle entscheidet nicht nur über die Verkehrsfähigkeit der transportierten Arzneimittel, sondern kann im Ernstfall auch rechtlich relevant werden.

Was genau die GDP-Richtlinien bei Abweichungen von Ihnen verlangen und wie Sie diese Anforderungen praktisch umsetzen können, erfahren Sie hier.

Grundlegende Anforderungen an die Abweichungsdokumentation

Abweichungen können die Qualität von Arzneimitteln beeinträchtigen und müssen daher sorgfältig erfasst, bewertet und nachverfolgt werden.

Die GDP-Leitlinien fordern ein strukturiertes Abweichungsmanagement mit folgenden Elementen:

  • Schriftlich festgelegte Verfahren zum Umgang mit Abweichungen
  • Systematische Erfassung aller Abweichungen
  • Kategorisierung der Abweichungen nach Schweregrad
  • Ursachenanalyse für jede Abweichung
  • Festlegung und Dokumentation von Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen (CAPA)
  • Nachverfolgung der Maßnahmenumsetzung
  • Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen

Welche Informationen müssen Sie bei Abweichungen dokumentieren?

Ihre Abweichungsdokumentation sollte immer folgende Informationen enthalten:

  1. Abweichungsbeschreibung: Detaillierte Darstellung, was genau von den Standardvorgaben abgewichen ist
  2. Zeitpunkt der Feststellung: Datum und Uhrzeit, wann die Abweichung entdeckt wurde
  3. Betroffene Produkte: Artikelbezeichnung, Chargennummer, Menge
  4. Prozessschritt: In welchem Teil der Lieferkette die Abweichung aufgetreten ist
  5. Entdecker der Abweichung: Name und Funktion der Person, die die Abweichung festgestellt hat
  6. Ursachenanalyse: Gründliche Untersuchung, warum die Abweichung aufgetreten ist
  7. Sofortmaßnahmen: Unmittelbare Reaktionen zur Eindämmung möglicher Risiken
  8. Korrekturmaßnahmen: Maßnahmen zur Behebung der Abweichung
  9. Vorbeugemaßnahmen: Maßnahmen zur Verhinderung ähnlicher Abweichungen in der Zukunft
  10. Verantwortlichkeiten: Wer für die Umsetzung der Maßnahmen zuständig ist
  11. Zeitplan: Bis wann die Maßnahmen umgesetzt sein müssen
  12. Freigabe: Bewertung und Genehmigung durch eine qualifizierte Person (z.B. GDP-Beauftragter)
  13. Wirksamkeitsprüfung: Überprüfung, ob die Maßnahmen das gewünschte Ergebnis erzielt haben

Besonderheiten bei temperaturgeführten Transporten

Besondere Sorgfalt ist bei Temperaturabweichungen geboten. Hier müssen Sie zusätzlich dokumentieren:

  • Die genauen Temperaturwerte (Minimum, Maximum, Dauer der Abweichung)
  • Die für das Produkt zulässigen Temperaturgrenzen
  • Bewertung der Auswirkung auf die Produktqualität
  • Bei Bedarf: Ergebnis einer Rücksprache mit dem pharmazeutischen Hersteller/Großhändler

Praktische Umsetzungstipps

Für eine effektive Abweichungsdokumentation empfehlen wir folgende Vorgehensweise:

Verwendung standardisierter Formulare

Entwickeln Sie einheitliche Vorlagen für die Dokumentation von Abweichungen, die alle wichtigen Felder enthalten. Standardisierte Formulare erleichtern nicht nur das Ausfüllen durch Ihre Mitarbeiter, sondern stellen auch sicher, dass keine wichtigen Informationen vergessen werden.

Gut strukturierte Vordrucke führen den Mitarbeiter Schritt für Schritt durch den Dokumentationsprozess – von der Beschreibung der Abweichung über die Ursachenanalyse bis hin zur Maßnahmenplanung. Diese Einheitlichkeit macht es später auch deutlich einfacher, die Informationen auszuwerten.

Nummerierungssystem

Etablieren Sie ein eindeutiges Kennzeichnungssystem für jede erfasste Abweichung. Eine systematische Nummerierung – beispielsweise „ABW-2025-042“ für die 42. Abweichung im Jahr 2025 – ermöglicht die schnelle Identifizierung und Rückverfolgung im System.

Bei Besprechungen, in Korrespondenz mit Kunden oder bei Behördenaudits können Sie so präzise auf einzelne Vorfälle verweisen, ohne umständliche Beschreibungen geben zu müssen.

Zusätzlich können Sie mit Präfixen arbeiten, die die Art der Abweichung kennzeichnen (z.B. „TEMP“ für Temperaturabweichungen oder „TRANS“ für Transportschäden).

Zentrale Erfassung und Übersicht

Führen Sie eine zentrale Abweichungsliste, die alle dokumentierten Vorfälle übersichtlich zusammenfasst. Diese Liste sollte neben der Abweichungsnummer auch Kurzinformationen wie Datum, betroffenes Produkt, Status der Bearbeitung und Fälligkeitstermine für Maßnahmen enthalten.

Eine zentrale Erfassung – idealerweise in digitaler Form – verhindert, dass Abweichungen „verloren gehen“ oder unbearbeitet bleiben. Gleichzeitig ermöglicht sie allen Verantwortlichen einen schnellen Überblick über den aktuellen Stand und ausstehende Aufgaben.

Besonders bei mehreren Standorten ist die zentrale Erfassung sehr hilfreich, um standortübergreifende Probleme zu erkennen.

Trendanalyse

Analysieren Sie regelmäßig die Häufigkeit und Muster Ihrer dokumentierten Abweichungen. Diese Auswertung hilft Ihnen, systemische Probleme zu identifizieren, die durch einzelne Korrekturmaßnahmen möglicherweise nicht behoben werden. Wenn beispielsweise gehäuft Temperaturabweichungen bei bestimmten Fahrzeugen oder auf bestimmten Routen auftreten, können Sie gezielt an diesen Schwachstellen arbeiten.

Die Trendanalyse ist ein wertvolles Instrument für kontinuierliche Verbesserung und sollte fester Bestandteil Ihrer Managementbewertung sein.

Pro-Tipp: Visualisieren Sie die Ergebnisse in einfachen Diagrammen, um Entwicklungen leichter erkennbar zu machen.

Integrationsmöglichkeit

Verknüpfen Sie Ihr Abweichungsmanagement mit Ihrem bestehenden Qualitätsmanagementsystem. Statt ein isoliertes System für GDP-Abweichungen zu schaffen, nutzen Sie Synergien mit anderen Qualitätsprozessen wie Ihrem Reklamationsmanagement, internen Auditprogramm oder Risikomanagement.

Diese Integration vermeidet Doppelarbeit und stellt sicher, dass Erkenntnisse aus dem Abweichungsmanagement in alle relevanten Bereiche Ihres Unternehmens einfließen.

Aufbewahrungsfristen

Abweichungsdokumentationen müssen Sie gemäß den GDP-Leitlinien mindestens fünf Jahre aufbewahren. Achten Sie darauf, dass die Dokumentation während dieser Zeit vollständig und leicht zugänglich ist – besonders wichtig bei Behördenaudits und Kundenüberprüfungen.

Wer ist für die Abweichungsdokumentation verantwortlich?

Die Verantwortung für das Abweichungsmanagement liegt beim GDP-Beauftragten Ihres Unternehmens. Dieser muss sicherstellen, dass:

  • Alle Mitarbeiter für das Erkennen von Abweichungen sensibilisiert sind
  • Abweichungen unverzüglich gemeldet werden
  • Die Dokumentation vollständig und nachvollziehbar ist
  • Maßnahmen fristgerecht umgesetzt werden
  • Die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüft wird
  • Informationen zu kritischen Abweichungen bei Bedarf an Kunden, Lieferanten oder Behörden weitergegeben werden

Ein sorgfältiges und systematisches Abweichungsmanagement ist ein wichtiger Baustein für Ihre GDP-Konformität. Es hilft Ihnen nicht nur, behördliche Anforderungen zu erfüllen, sondern auch kontinuierlich Ihre Prozesse zu verbessern und die Qualität Ihrer Dienstleistung zu sichern.

Benötigen Sie Unterstützung bei der Einrichtung eines GDP-konformen Abweichungsmanagements? Wir von First Class Management helfen Ihnen gerne – vom Aufbau der notwendigen Dokumentationsstruktur bis zur praktischen Umsetzung im Tagesgeschäft.

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