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LBA ver­schärft An­for­de­rungen an ma­ni­pu­la­tions­si­che­re Luft­fracht­ver­pack­ung

Bekannte Versender, reglementierte Beauftragte und Luftfahrtunternehmen vor neuen Herausforderungen

Das Luftfahrt-Bundesamt hat die Auslegung der Anforderungen an die manipulationssichere Verpackung für Luftfracht überraschend verschärft. Diese Entwicklung stellt die Beteiligten der sicheren Lieferkette vor neue Herausforderungen in den täglichen Arbeitsabläufen.

Hintergrund der Verschärfung

Die grundlegende Anforderung ist nicht neu: Gemäß der EU-Durchführungsverordnung 2015/1998 müssen bekannte Versender und reglementierte Beauftragte Luftfrachtsendungen so verpacken, dass Manipulationen unmittelbar erkennbar sind.

Auszug DVO (EU) 2015/1998

6.6.1. Schutz der Fracht und der Postsendungen bei der Beförderung

6.6.1.1. Um sicherzustellen, dass Sendungen, die den erforderlichen Sicherheitskontrollen unterzogen wurden, bei der Beförderung vor unbefugtem Eingriff geschützt sind,
a) werden die Sendungen vom reglementierten Beauftragten, bekannten Versender oder geschäftlichen Versender so verpackt oder versiegelt, dass etwaige Manipulationen unmittelbar zu erkennen sind; ist dies nicht möglich, sind alternative Sicherungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Unversehrtheit der Sendung zu ergreifen, und
b) …

Diese Vorschrift dient der Sicherheit in der Luftfracht-Lieferkette und soll verhindern, dass gefährliche oder verbotene Gegenstände in sichere Sendungen eingebracht werden können.

Verschärfung durch das LBA: Was ist passiert?

In den vergangenen Wochen hat das LBA verstärkt Kontrollen bei Lagerhaltern und Luftfahrtunternehmen durchgeführt.

Dabei wurden zahlreiche bereits „sicher“ gemachte Sendungen vom LBA überraschend als unsicher oder sogar als HRCM (High Risk Cargo or Mail / Luftfracht oder Luftpost mit hohem Risiko) eingestuft.

Das LBA beanstandete unteranderem, dass die Luftfrachtsendungen ohne Hinterlassen von Spuren geöffnet und wieder verschlossen werden könnten. Dies betrifft beispielsweise fehlende Siegel, das Fehlen von Firmenklebeband oder das Fehlen von Lackmarkierungen auf Verschraubungen.

In der Folge kommt es zu großen Unsicherheiten in der Branche.

Ein konkreter Vorfall beim reglementierten Beauftragten

Einem unserer Betreuungskunden (regB) wurde eine stabile und verschraubte Holzkiste bei der Frachtannahme durch den Lagerhalter als unsicher eingestuft – obwohl die Sendung keinerlei Anzeichen von Manipulation aufwies.

Aufgrund der letzten LBA-Kontrollen war die Begründung des frachtannehmenden regB: Selbst ein vertrauenswürdiger Fahrer, der sowohl eine Zuverlässigkeitsüberprüfung durchlaufen als auch die erforderlichen Luftsicherheitsschulungen absolviert hat, wird nun als potenzieller Innentäter betrachtet.

Der Fahrer könnte während des Transports ja mit einem Akkuschrauber unbemerkt die Kiste öffnen, gefährliche oder verbotene Gegenstände einbringen und die Kiste mit den Schrauben wieder verschließen.

Als Maßnahme wurde unserem Kunden vom Lagerhalter die Verwendung von Lack auf den Verschraubungen vorgeschlagen.

Wobei man sich hier ja die Frage stellen muss, wo die Grenze ist, denn ein Fahrer könnte auch passenden Lack dabeihaben. Werden diese zusätzlichen Anforderungen wirklich die Sicherheit erhöhen oder nur viel Aufwand und Kosten verursachen?

Bei den Problemen der letzten Wochen handelt es sich um Anforderungen, die es bisher nicht gab!

In der Praxis galten bisher beispielsweise verschraubte Holzkisten oder folierte Sendungen mit normalem Klebeband als manipulationssicher. Man ging davon aus, dass man ja sehen würde, wenn jemand die Folie aufreißt oder die Kiste beschädigt.

Die aktuellen Bemängelungen betreffen auch Luftfrachtsendungen von zugelassenen bekannten Versendern. Diese hatten für ihre Zulassung Beispielfotos ihrer verpackten Luftfrachtsendungen eingereicht, die das LBA damals geprüft und akzeptiert hatte.

Methoden, die bei der Zulassung und bei der Prüfung des Sicherheitsprogramms vom LBA akzeptiert wurden, werden jetzt mitten im laufenden Betrieb abgelehnt.

Das hat in vielen Betrieben die Abwicklung der Fracht erheblich beeinträchtigt und zu einem Dominoeffekt geführt.

Zahlreiche Sendungen konnten nicht wie geplant verladen werden und verpassten ihre Flüge.

Störungen in der sicheren Lieferkette

Besonders brisant ist die ungeklärte Kostenfrage für die nachträgliche Sicherung der Luftfracht.

  • Die Versender berufen sich darauf, dass ihre Verpackungsmethoden bisher vom LBA akzeptiert wurden – teilweise sogar mit dokumentierten Fotobeweisen aus dem Zulassungsverfahren und Sicherheitsprogramm.
  • Die frachtannehmenden Stellen wiederum verweigern prophylaktisch aufgrund der aktuellen LBA-Kontrollen und der neuen Veröffentlichung auf der LBA-Webseite die Annahme von möglicherweise nicht konformen Sendungen.
  • In dieser Zwickmühle bleiben häufig die reglementierten Beauftragten auf den Zusatzkosten für die erneute Kontrolle und anspruchsvollere Nachverpackung sitzen.

Was sind die neuen Anforderungen des LBA?

Obwohl die rechtliche Grundlage unverändert ist, hat das LBA die Auslegung der Vorgaben angepasst. Ein zentraler Punkt ist die Forderung, dass Manipulationen an der Verpackung unmittelbar erkennbar sein müssen.

Das LBA hat dazu sogar ein neues Wort eingeführt: die Fracht muss “manipulationserkennbar” verpackt sein!

Die aktuellen Aussagen des Luftfahrt-Bundesamts finden Sie auf der LBA-Webseite:

LBA News zu Verpackungsanforderungen

Wie üblich, sind die Aussagen recht allgemein gehalten, es wird Vieles wiederholt, was sowieso schon seit Bestehen der DVO (EU) 2015/1998 bekannt war.

Wir haben uns deshalb mit dem o.g. Vorgang des regB aus unserem Kundenbestand an das LBA gewendet und darum gebeten, uns die neuen Anforderungen genauer zu erläutern.

Das Luftfahrt-Bundesamt hat geantwortet und zur Anforderung “Manipulation muss unmittelbar zu erkennen sein” die folgenden drei Kriterien genannt:

Die Verpackung muss gewährleisten, dass

a) Packstücke keine Möglichkeit zum Einbringen verbotener Gegenstände aufweisen (lückenloser Verschluss) oder
b) Packstücke nicht ohne Hinterlassen von Spuren geöffnet und wieder verschlossen werden können und
c) bei zusammengestellten Einzelsendungen zu einer Gesamtsendung keine Hohlräume entstehen.

Wie können Sie jetzt Ihre Luftfracht „manipulationserkennbar“ verpacken?

Wir nennen hier einige Beispiele, wie Sie die neuen Anforderungen umsetzen können. Diese sind praxistauglich aber gleichzeitig auch unverbindlich, denn wechselnde Anforderungen der Beteiligten können wir nicht vorhersehen.

  • Holzverpackungen mit Schrauben: Die Schrauben könnten zusätzlich mit Lack versehen werden, da Schrauben ansonsten theoretisch entfernt und wieder eingesetzt werden könnten, ohne eine offensichtliche Manipulationspur zu hinterlassen.
  • Holzverpackungen mit Nägeln: Es könnten zusätzlich Umreifungsbänder eingesetzt werden, oder Sicherheitsklebeband bzw. Klebesiegel, die sich nicht rückstandslos entfernen lassen.
  • Folierte Sendungen: Es sollten nur durchsichtige Folien verwendet werden. Zusätzlich können Sie die Folierungen mit einem Sicherheitsklebeband sichern, das sich nicht rückstandslos entfernen lässt.
  • Kartonagen: Alle Öffnungen von Kartons könnten vollständig mit Sicherheitsklebeband verschlossen werden. Dabei sollten Sie ebenfalls Sicherheitsklebebänder einsetzen, die sich nicht rückstandslos entfernen lassen oder ein individuelles Firmenklebeband verwendet werden.
  • Zusammenstellung: Bei der Zusammenstellung von mehreren Packstücken oder Behältern zu einer Sendung dürfen keine Hohlräume entstehen, in denen verbotene Gegenstände versteckt werden könnten.
    Beispiel: Bei vier Fässern auf einer Palette entsteht in der Mitte zwischen den Fässern ein Hohlraum. Solche Hohlräume müssten in Zukunft einsehbar sein. Ob es in diesem Fall besser wäre, gar keine Folie zu verwenden, ist eine von vielen Fragen, die derzeit täglich aufkommen.

Herausforderungen für die Luftfracht Branche

Die verschärften Anforderungen führen in der Praxis zu erheblichen Problemen:

  • Für bekannte Versender: Viele Unternehmen müssen ihre bisherigen Verpackungsstandards anpassen, selbst wenn diese zuvor vom LBA genehmigt wurden. Das bedeutet zusätzlichen Zeitaufwand und Kosten für neue Verpackungsmaterialien und -verfahren.
  • Für reglementierte Beauftragte: RegB sind verpflichtet, die Verpackungen der angenommenen Sendungen zu überprüfen. Wenn diese – nach der aktuellen Auslegung – nicht manipulationssicher sind, müssen sie entweder zurückgewiesen oder nachträglich gesichert werden – was zu Verzögerungen und Mehrkosten für alle Beteiligten führt.
  • Für alle Beteiligten: Unternehmen, müssen sich auf striktere Kontrollen einstellen. Unsichere Sendungen werden entweder abgelehnt oder kostenpflichtig kontrolliert und umverpackt.
  • Zudem müssen Luftsicherheitsprogramme und ISO Qualitätsmanagementsysteme angepasst werden.
  • Personal muss in die neuen Abläufe eingewiesen werden.
  • Ggf. müssen Schulungen angepasst werden.

Zusammenfassung

Die vom LBA verschärften Anforderungen an manipulationssichere Verpackungen setzen neue Maßstäbe für die sichere Lieferkette, bringen jedoch für die beteiligten Unternehmen erhebliche Herausforderungen mit sich.

Unternehmen müssen ihre Prozesse anpassen, um den neuen Standards zu entsprechen, und sollten sofort geeignete Maßnahmen ergreifen, um Verzögerungen und Mehrkosten zu vermeiden.

Für Rückfragen oder Unterstützung bei der Umsetzung dieser Anforderungen stehen wir Ihnen wie gewohnt zur Verfügung.

Logistik in der Luftsicherheit wird immer aufwändiger

Zum Frust aller Beteiligten fügt sich dieser zusätzliche Aufwand in eine Reihe von Erschwernissen ein, mit denen das LBA seit Jahren die Arbeit mit Luftfracht immer aufwändiger macht.

Allein in den letzten drei Jahren mussten wir in der Luftsicherheit schon folgende Kröten schlucken:

  • Die Anforderungen an Schulungen wurden massiv erhöht
  • Neue Anforderung Sicherheitskultur
  • Verfahren zur Überwachung des Kompetenzerhalts
  • Einstellungsprozess in Bezug auf die mentalen und physischen Fähigkeiten und Eignungen
  • Definition von Sicherheitskontrollen
  • Zulassungspflicht für Transporteure
  • Neue Anforderung Cybersicherheit
  • Luftsicherheitsgebührenverordnung
  • Anpassungen von Sicherheitsprogrammen, insbesondere
  • Anhänge, sonstige Dokumente und weitere einzureichende Unterlagen sowie
  • Aktualisierte Formularvorgaben, teilweise ohne erkennbare inhaltlich Änderungen

Eine echte Herausforderung für alle Beteiligten ist der Umgang mit dem Ermessensspielraum bei den Luftsicherheitsregeln.

Egal ob Sie Teil der sicheren Lieferkette sind oder als spezialisierter Berater arbeiten – Sie müssen sich ständig damit auseinandersetzen, wie die Vorschriften gerade ausgelegt werden. Besonders knifflig wird es, wenn sich die Auslegungen sogar von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.

Viele Beteiligte der sicheren Lieferkette zweifeln inzwischen, ob der enorme Aufwand zur Einhaltung der ständig steigenden Anforderungen noch gerechtfertigt ist.

In persönlichen Gesprächen erfahren wir, dass Spediteure und Lagerhalter zunehmend darüber nachdenken, die LBA-Zulassung aufzugeben und sich künftig auf Logistikbereiche jenseits der sicheren Luftfracht zu konzentrieren.

Als Ihr Partner bleiben wir stets an Ihrer Seite und unterstützen Sie dabei, den zunehmenden Vorgaben des LBA gerecht zu werden.

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